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mehrAus Anlass des Jubiläums unseres MWST-Newsletters hat sich unser Teammitglied Jürg Zimmermann – nach nun beinahe 30-jähriger Tätigkeit im Bereich der MWST – mit ein paar Fragen beschäftigt, auf die er bis heute keine überzeugenden Antworten gefunden hat.
Dieser Beitrag ist nicht frei von Ironie, weshalb er auch nicht allzu ernst genommen werden sollte. Die Idee dazu kam beim Schwimmen. Einem Sport, der Zeit und Raum schafft, sich vertieft mit den wichtigen Fragen des Lebens bzw. der MWST auseinanderzusetzen. Beim Schwimmen ist jedoch die Atmung sehr wichtig, damit das Hirn immer mit ausreichend Sauerstoff versorgt wird. Sollten Sie also auf Passagen stossen, die Ihre persönliche Grenze des Sagbaren überschreiten, gehen Sie einfach davon aus, dass es bei der Atmung verschiedentlich Aussetzer gab.
Als die Schweiz im Jahr 1995 die MWST eingeführt hat, hat sie sich in wesentlichen Bereichen an dem in der EU schon länger bestehenden Umsatzsteuersystem orientiert.
Ein bisschen mehr Eigenständigkeit wäre aus heutiger Sicht wohl angebracht gewesen.
Die MWST in eine Konsumsteuer. In unserem Arbeitsalltag geht das jedoch oft unter. So beurteilen wir meist B2B-Geschäftsfälle, bei denen die «Null» (Umsatzsteuer beim Leistungserbringer; Vorsteuerabzug beim Leistungsempfänger) eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein müsste. Das Gegenteil ist der Fall: Den grössten Teil unserer Energie wenden wir dafür auf, diese «Null» hinzukriegen.
Das Übel findet seinen Grund im Allphasensteuerkonzept: Nicht nur die Phase, in welcher ein Unternehmen einer Konsumentin eine Leistung erbringt (das eigentliche Besteuerungsziel), sondern auch jede dieser Konsumstufe vorgelagerte Wertschöpfungsstufe wird von der MWST erfasst. Das führt dazu, dass enorme Beträge (als abzurechnende Umsatzsteuer) temporär beim Staat gebunden sind, bevor sie wieder (als zurückerstattete Vorsteuern) in die Wirtschaft zurückgelangen.
Mit Verlaub: Wer kann ein solches System, ohne unter Sauerstoffmangel zu leiden, erfinden?
Nebst der Tatsache, dass mit diesem System den Unternehmen ohne Not Liquidität entzogen wird, ist es auch sehr betrugsanfällig. So schätzt man allein in der EU die Steuerausfälle aufgrund ungerechtfertigt zurückgeforderter Vorsteuern auf ca. CHF 23 Mia. pro Jahr1.
Nicht weiter erstaunlich also, dass man in der EU für den B2B-Bereich mittlerweile laut über einen Wechsel zu einem Einphasensteuer- oder (alternativ) zu einem lückenlosen Reverse Charge-System nachdenkt. Auch zahlreiche andere Ideen stehen im Raum.
Einphasensteuer? Kennen wir doch! Die Älteren unter uns werden sich erinnern: Die WUST, die Vorgängerin der heutigen MWST, war als Einphasensteuer ausgestaltet und hat gut funktioniert.
Wer also hat erfunden, worüber in der EU heute laut nachgedacht wird? Wie bei Ricola: Die Schweiz!
Warum bloss haben wir damals im Jahr 1995 nicht ein Quäntchen mehr Mut gehabt?
Art. 3 Bst. d Ziffer 2 MWSTG definiert das Abliefern eines Gegenstands, an dem Arbeiten besorgt worden sind, als Lieferung. Auf die Intensität der Arbeiten kommt es nicht an, weil der Gegenstand durch besagte Arbeiten nicht zwingend verändert werden muss. Das Abwischen eines Möbelstücks mit einem Lappen stellt damit beispielsweise eine Lieferung dar. Art. 7 Abs. 1 Bst. a MWSTG bestimmt in der Folge, dass sich der Ort einer Lieferung immer am Ort der Ablieferung eines Gegenstands, an dem (vorgängig) Arbeiten besorgt wurden, befindet. Mit anderen Worten: Eine Ablieferung ist erst möglich, nachdem die Arbeiten besorgt wurden. Das wiederum bedeutet, dass der Ort einer solchen Lieferung nur dort sein kann, wo besagte Arbeiten abgeschlossen werden.
Im Jahre 2018 hat die ESTV diesen bis dahin unbestrittenen Grundsatz über Bord geworfen und teilt die vorgenannten Arbeiten – unter Bezugnahme auf den in diesem Zusammenhang irrelevanten Art. 19 Abs. 4 MWSTG – in Nebenleistungen und andere (was eigentlich genau?) auf2.
Gemäss Definition der ESTV handelt es sich um Nebenleistungen, wenn sie
Während das Zusammensetzen eines Möbelstücks durch den Lieferanten beim Kunden als untergeordnete Nebenleistung zu betrachten ist, soll das Installieren einer Software beim Kunden (durch ein paar Tastenschläge des Programmierers) mehr als das sein.
Die Qualifikation der Arbeiten als Nebenleistung führt zu einer anderen Ortsbestimmung. Als Lieferort gilt dann jeweils jener Ort, wo der Transport zum Kunden beginnt (Art. 7 Abs. 1 Bst. b MWSTG).
Alle handwerklich Unbegabten wissen es: Die Lieferung eines Möbels ohne sachkundige Montage durch den Lieferanten, ist für Leute mit zwei linken Händen nutzlos, womit die Montage alles andere als nebensächlich ist.
Fazit: Wenn Art. 19 MWSTG schon für die Beurteilung werkvertraglicher Lieferungen bemüht wird, sollte nicht wenigstens der richtige Absatz zur Anwendung gelangen?
Erwirbt jemand ein fertig montiertes Möbel, warum bilden die Lieferung des Möbels und dessen Montage nicht einen einheitlichen, nicht trennbaren Vorgang gemäss Art. 19 Abs. 3 MWSTG?
Ziffer 7.2.4 der MBI 23 Kultur lautet wie folgt:
Grundsätzlich ist das Entgelt für die Führung in einem Museum zum Normalsatz steuerbar. Ob es sich dabei um eine private oder öffentliche Führung beziehungsweise um eine Führung in Form einer Abgabe eines Audioguides handelt, spielt keine Rolle.
Haben Sie sich auch schon gefragt, warum dem so ist? Nein? Wir bisher auch nicht…
Nach 99 Newslettern aber tun wir’s: Art. 21 Abs. 2 Ziffer 14 Bst. c MWSTG statuiert eine Steuerausnahme für Besuche in Museen. Besucht der durchschnittlich kulturell interessierte Otto Normalverbraucher unter Entrichtung eines Eintrittsgeldes ein Museum, schlendert er im selbstbestimmten Tempo durch die Ausstellung und verweilt seinen Präferenzen entsprechend bei den jeweiligen Ausstellungsobjekten. Die Leistung des Museums gilt als unmittelbar ans Publikum erbrachte kulturelle Dienstleistung und ist von der MWST ausgenommen.
Besucht nun die kulturell sehr interessierte Gerda Mehrverbraucher dieselbe Ausstellung, hat jedoch das Bedürfnis, mehr kulturelles Hintergrundwissen als Otto Normalverbraucher zu erwerben und bucht deshalb eine (nicht im üblichen Eintrittspreis enthaltene) Führung mit einer Expertin oder einem Experten, im Rahmen derer genau dieses Hintergrundwissen vermittelt wird, handelt es sich um eine steuerbare Leistung.
Warum? Weil die Führung nun als Vergnügen oder Spass betrachtet wird? Falls ja: Darf Kultur keinen Spass machen?
Oder gilt sie etwa als Bildungsleistung? Aber Bildungsleistungen sind ja auch von der MWST ausgenommen (Art. 21 Abs. 2 Ziffer 11 MWSTG).
Im wahrsten Wortsinn: Wir schwimmen….
1 Ein modernes Mehrwertsteuersystem für die EU: Mehrwertsteuerbetrug durch Digitalisierung bekämpfen - Europäische Kommission (europa.eu)
2 MWST-Info 06 Ort der Leistungserbringung, Ziffer 2.3
3 MWST-Info 04 Steuerobjekt, Ziffer 4.2.3
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