MOSS (Mini-One-Stop-Shop)

02.03.2021

Kennen Sie MOSS? Wenn nicht, kommt Ihnen der Begriff der kleinen einzigen Anlaufstelle, kurz KEA, vielleicht bekannt vor. Diese Sonderregelung der EU wird unter verschiedenen Namen gehandelt, der Zweck ist aber immer derselbe, nämlich die Versteuerung von Telekommunikations-, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen oder elektronischen Dienstleistungen, welche an Nichtsteuerpflichtige (B2C) im EU-Raum erbracht werden. Auch Schweizer Unternehmen können die Sonderregelung anwenden.

Was ist MOSS?
MOSS bezeichnet das Verfahren „Mini-One-Stop-Shop“, zu Deutsch „Kleine einzige Anlaufstelle“ und ist eine Sonderregelung der EU auf dem Gebiet der Umsatzsteuer. Die Sonderregelung erlaubt es Unternehmen, welche

  • an in EU-Mitgliedstaaten ansässige Nichtsteuerpflichtige;
  • in denen sie selbst keine Niederlassung haben;
  • Telekommunikations-, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen oder elektronische Dienstleistungen erbringen;

die auf diesen Umsätzen geschuldete Mehrwertsteuer über ein Internetportal in einem Mitgliedstaat nach eigener Wahl abzurechnen, womit die steuerliche Registration für die EU im Idealfall nur einmal vorgenommen werden muss. Bei dieser Sonderregelung gilt es zu beachten, dass – im Gegensatz zu einer ordentlichen umsatzsteuerlichen Registrierung – keine Vorsteuern in Abzug gebracht werden können!

Für wen ist MOSS?
MOSS kann sowohl von in der EU ansässigen Steuerpflichtigen (EU-Regelung) als auch von nicht in der EU ansässigen Steuerpflichtigen (Nicht-EU-Regelung) in Anspruch genommen werden. Die vorliegend für Schweizer Unternehmungen im Fokus stehende Nicht-EU-Regelung wird in den verschiedenen EU-Ländern unterschiedlich bezeichnet, beispielsweise nennt sie sich in Deutschland „Verfahren VAT on e-Services“, in Österreich „Nicht-EU-Schema“. Die EU-Regelung hat sich unter dem Begriff MOSS etabliert.

Schweizer Unternehmer, welche Telekommunikations-, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen oder elektronische Dienstleistungen B2C in einen EU-Mitgliedstaat erbringen, unterliegen folglich der „Nicht-EU-Regelung“.

Muss MOSS angewendet werden?
Die Teilnahme an der Regelung ist freiwillig. Wenn sich ein Unternehmen für die Inanspruchnahme der kleinen einzigen Anlaufstelle entscheidet, muss es die Regelung in allen Mitgliedstaaten anwenden, in denen es besagte Dienstleistungen erbringt. Es ist nicht möglich, die Regelung nur in Bezug auf einzelne Mitgliedstaaten anzuwenden. Wird auf die Teilnahme verzichtet, muss sich das Unternehmen in jedem EU-Mitgliedstaat, in dem es Dienstleistungen für seine Dienstleistungsempfänger erbringt, umsatzsteuerlich registrieren lassen. Im Extremfall bedeutet dies die mehrwertsteuerliche Registrierung in 27 Ländern! Zu differenzieren ist MOSS von den ordentlichen Registrierungen in den Mitgliedstaaten aufgrund anderer Umsatzarten, welche es natürlich zusätzlich geben kann.

Wo erfolgt die Registrierung für MOSS?
Unternehmen, welche der Nicht-EU-Regelung unterliegen, also z.B. ein Schweizer Dienstleister, können das Land ihrer Registrierung frei wählen. Für deutschsprachige Unternehmen hat sich eine Registrierung in Deutschland bewährt, wie unsere Erfahrung zeigt. Dem Unternehmen wird vom Registrierungsland eine individuelle Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer (im Format EUxxxyyyyyz) zugewiesen, unter welcher es seine zukünftigen Steuererklärungen deklarieren kann. Eine Registrierung erfolgt in der Regel auf den Beginn des folgenden Quartals. Rückwirkende Registrierungen sind nur bis zum zehnten Tag des Monats nach der ersten Dienstleistung möglich (Beispiel: 1. Dienstleistung am 1. März 2021, Registrierung muss bis am 10. April 2021 erfolgen). Eine sorgfältige Planung ist unumgänglich, ansonsten teure administrative Aufwendungen drohen.

Wie erfolgt die Steuererklärung und Bezahlung für MOSS?
Die Steuererklärung ist bis zum 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums (Quartal) im Land der Registrierung elektronisch einzureichen. Wenn keine Umsätze im betreffenden Quartal erzielt wurden, ist eine sogenannte Nullmeldung abzugeben. In der Steuererklärung ist die Registrierungsnummer, der Besteuerungszeitraum und getrennt für jeden Mitgliedstaat, in dem der Sonderregelung unterliegende Leistungen an Nichtunternehmer erbracht wurden, folgendes einzutragen:

  • Netto-Gesamtumsatz (an Nichtunternehmer) in Euro
  • Umsatzsteuertyp (Standard / Reduziert)
  • Steuersatz
  • Steuerbetrag in Euro

Die geschuldeten Steuerbeträge müssen bis zum 20. Tag nach Ablauf des entsprechenden Quartals überwiesen worden sein.

Beispiel für einen MOSS-Anwendungsfall
Das Schweizer Start-up „Home-Design“ entwickelt eine App zur Unterstützung bei der Wohnungseinrichtung. Zielpublikum sind Privatpersonen in der Schweiz und in der EU. Im App-Store bietet Home-Design die App sowohl als Gratisversion als auch als Bezahlversion mit Zusatzleistungen an.  

Home-Design erzielt durch den Verkauf der App an Privatpersonen in der EU Umsätze aus elektronischen Dienstleistungen, die im Land des jeweiligen Dienstleistungsempfängers der Steuer unterliegen. Damit sich Home-Design nicht in jedem einzelnen EU-Land für die MWST registrieren lassen muss, lässt sich das Unternehmen in Deutschland für das Verfahren VAT on e-Services (Bezeichnung in Deutschland für MOSS bei der Nicht-EU-Regelung) registrieren und deklariert die Steuerbeträge, welche es in den verschiedenen EU-Ländern schuldet, in einer einzigen Steuererklärung gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern. Dieses leitet die jeweiligen Beträge an die verschiedenen Mitgliedstaaten weiter.

Aber Achtung, es handelt sich nicht um eine ordentliche umsatzsteuerliche Registrierung, weshalb beispielsweise Vorsteuern nicht in Abzug gebracht werden können. Dazu müsste eine ordentliche Registration erfolgen.

Sind Sie vielleicht ein MOSS-Kandidat*in?
Dann zögern Sie nicht und setzen Sie sich mit uns in Verbindung. Wir sind MOSS-erfahren und unterstützen Sie gerne bei der Analyse Ihrer Situation, der Abklärung Ihrer Risiken, der Erarbeitung von Optimierungsvarianten, der Registrierung und der Durchführung der Steuererklärung und stehen Ihnen mit Rat und Tat bei allen Fragen rund um MOSS zur Seite. 

Fortsetzung folgt: MOSS wird zu OSS
Bereits jetzt möchten wir Sie informieren, dass die EU bereits weitere Adaptionen vorbereitet, welche Anpassungen erfordern werden. So wird der Mini-One-Stop-Shop (MOSS) ab 1. Juli 2021 zum One-Stop-Shop (OSS) mutieren. Was ändert und welche Auswirkungen dies auf Schweizer Unternehmer hat, erfahren Sie in einem unserer nächsten Newsletter! Es bleibt spannend.


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