Aktienrechtsreform – Eine Übersicht über die neuen Pflichten für die obersten Leitungsorgane bei drohender Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung

02.04.2024

Im Rahmen der Aktienrechtsreform wurden auch die entsprechenden Artikel betreffend Zahlungsunfähigkeit, Kapitalverlust, Überschuldung und Aufwertung überarbeitet. Diese Themen werden nun bei den Aktiengesellschaften in Art. 725 bis 725c OR abgehandelt. Von dieser Überarbeitung in diesem Bereich sind Kapitalgesellschaften, Stiftungen und Vereine (sofern im Handelsregister eintragungspflichtig!) betroffen, entsprechend wird bei den anderen Rechtsformen auf das Aktienrecht verwiesen:

  • Aktiengesellschaft     Art. 725 bis 725c OR
  • GmbH                          Art. 820 OR mit Verweis auf Aktienrecht
  • Genossenschaft         Art. 930 OR mit Verweis auf Aktienrecht
  • Verein                          Art. 69d ZGB mit Verweis auf Aktienrecht
  • Stiftung                       Art. 84a ZGB mit Verweis auf Aktienrecht

Die verschiedenen Pflichten lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Überwachung Eigenkapital
Kapitalgesellschaften
Kapitalgesellschaften und Verein
Stiftung
Bei einem hälftigen Kapitalverlust muss der VR Massnahmen zur Beseitigung ergreifen. Er trifft, soweit erforderlich, weitere Massnahmen zur Sanierung oder beantragt der GV solche, soweit sie in deren Zuständigkeit fallen.
Für die Berechnung werden das Aktienkapital und nur die nicht zurückzahlbaren (gesperrten) gesetzlichen Reserven betrachtet.
Gesellschaften ohne Revisionsstelle müssen die letzte Jahresrechnung vor ihrer Genehmigung durch die GV einer eingeschränkten Revision unterziehen. Ausser der VR reicht ein Gesuch um Nachlassstundung ein.
Dabei handeln der VR und die Revisionsstelle mit der gebotenen Eile.
Bei begründeter Besorgnis einer Überschuldung muss je ein Zwischenabschluss zu Fortführungs- und Veräusserungswerten erstellt werden und durch die Revisionsstelle geprüft werden.
Bei einer Überschuldung kann die Benachrichtigung des Richters unterbleiben, wenn entweder Rangrücktritte im Ausmass der Überschuldung (inkl. Zinsforderungen) bestehen oder begründete Aussicht besteht, dass die Überschuldung innert 90 Tage nach Vorliegen der geprüften Zwischenabschlüsse behoben werden kann und die Forderungen der Gläubiger nicht zusätzlich gefährdet werden. Dabei handeln der VR und die Revisionsstelle mit der gebotenen Eile.
Bei drohender Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung muss der Stiftungsrat umgehend die Aufsichtsbehörde benachrichtigen.
Stellt die Revisionsstelle fest, dass die Stiftung zahlungsunfähig oder überschuldet ist, benachrichtigt sie die Aufsichtsbehörde.
Die Aufsichtsbehörde hält den Stiftungsrat zur Einleitung der erforderlichen Massnahmen an.

 
Überwachung der Liquidität
Kapitalgesellschaften und Verein
Stiftung
Bei drohender Zahlungsunfähigkeit sind durch das oberste Leitungsorgan Massnahmen zur Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit zu ergreifen und soweit erforderlich weitere Massnahmen zur Sanierung zu treffen oder der GV (bzw. HV, MV, DV etc.) zu beantragen und nötigenfalls ein Gesuch um Nachlassstundung einzureichen.
Dabei handelt das oberste Leitungsorgan mit der gebotenen Eile.
Bei drohender Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung muss der Stiftungsrat umgehend die Aufsichtsbehörde benachrichtigen.
Stellt die Revisionsstelle fest, dass die Stiftung zahlungsunfähig oder überschuldet ist, benachrichtigt sie die Aufsichtsbehörde.
Die Aufsichtsbehörde hält den Stiftungsrat zur Einleitung der erforderlichen Massnahmen an.
 

 

 

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