Flexibilität beim Altersrücktritt in der 2. Säule – Teil 1 von 5: Teilpensionierung

02.04.2024

Die per 1. Januar 2024 in Kraft getretene Reform AHV 21 verfolgt unter anderem das Ziel, den versicherten Personen zu ermöglichen, ihren Altersrücktritt flexibler zu gestalten. Im Zuge dieser Reform wurde auch die Flexibilität beim Altersrücktritt in der 2. Säule ausgeweitet. In einer Serie von Beiträgen zeigen wir Ihnen die Möglichkeiten auf, die rund um den Altersrücktritt in der 2. Säule bestehen. Im vorliegenden Beitrag beleuchten wir die Teilpensionierung.

Was ist eine Teilpensionierung?

Die Teilpensionierung und die Pensumsreduktion werden im alltäglichen Sprachgebrauch oft in einem Atemzug verwendet. Aus vorsorgerechtlicher Sicht sind die beiden Begriffe jedoch auseinanderzuhalten. Bei einer Teilpensionierung wird das Arbeitspensum reduziert und im Umfang des Teilpensionierungsschritts wird das Altersguthaben bezogen. Bei der reinen Pensumsreduktion wird der Beschäftigungsgrad reduziert, ohne dass ein Bezug des Altersguthaben erfolgt. Die Altersleistung wird aufgeschoben – entweder indem das Vorsorgeguthaben vollumfänglich in der Vorsorgeeinrichtung verbleibt oder indem ein Teil auf ein Freizügigkeitskonto übertragen wird.

Gesetzliche Regelung ab dem 1. Januar 2024

Bis anhin war die Teilpensionierung im Vorsorgerecht nicht vorgesehen, wurde jedoch unter bestimmten Voraussetzungen akzeptiert, wenn das Vorsorgereglement die Teilpensionierung zugelassen hat. Seit dem 1. Januar 2024 wird gesetzlich festgehalten, dass jede versicherte Person einen Anspruch darauf hat, sich schrittweise aus dem Erwerbsleben zurückzuziehen und dies auch bei der 2. Säule nachzuvollziehen.

Nach den gesetzlichen Bestimmungen müssen insbesondere folgende Parameter berücksichtigt werden:

  • Die versicherte Person kann die Altersleistung als Rente in bis zu drei Schritten beziehen, wobei die Vorsorgeeinrichtung mehr als drei Schritte vorsehen kann.
     
  • Der Bezug der Altersleistung in Kapitalform ist in höchstens drei Schritten zulässig.
     
  • Der erste Teilbezug muss mindestens 20% der Altersleistung betragen, wobei die Vorsorgeeinrichtung einen tieferen Mindestanteil zulassen kann.
     
  • Der Anteil der vor dem reglementarischen Referenzalter bezogenen Altersleistung darf den Anteil der Lohnreduktion nicht übersteigen.
     
  • Der Bezug der Altersleistung darf nur bis zum Ende der Erwerbstätigkeit, höchstens bis zur Vollendung des 70. Altersjahres aufgeschoben werden.


Zudem ist jeweils die Praxis der zuständigen kantonalen Steuerverwaltung zu beachten, insbesondere wenn das Altersguthaben in mehreren Schritten in Kapitalform bezogen wird. Nach der Praxis der Steuerverwaltung des Kantons Bern muss beispielsweise ein Jahr zwischen den einzelnen Teilpensionierungsschritten liegen, damit das Vorgehen steuerrechtlich akzeptiert wird.

Steuerersparnis – oder etwa doch nicht?

Aus steuerlicher Sicht sind mehrere Teilpensionierungsschritte mit Kapitalbezügen interessant, da durch die Besteuerung der jeweiligen Bezüge in unterschiedlichen Steuerjahren die Steuerprogression gebrochen werden kann.


Fritz Muster (geb. 30.06.1964) möchte das Altersguthaben steueroptimiert beziehen. Er wohnt in der Gemeinde Bern, ist ledig und konfessionslos. Er erreicht das Referenzalter am 30. Juni 2029. Zwei Jahre vor der ordentlichen Pensionierung (am 30. Juni 2027) macht er einen ersten Teilpensionierungsschritt und bezieht 1/3 des Altersguthabens in Kapitalform. Ein Jahr später (am 30. Juni 2028) erfolgt der nächste Teilpensionierungsschritt mit erneutem Kapitalbezug von 1/3 des Altersguthabens. Mit Erreichen des Referenzalters bezieht Fritz Muster den letzten Drittel des Vorsorgeguthabens.

Zum Vergleich ist dargestellt, welche Steuerfolgen sich ergeben, wenn das Vorsorgeguthaben in einem, zwei oder drei Schritten bezogen wird.

Varianten: Altersguthaben von CHF 4'500'000 / 1'500'000 / 60’000

 

In diesem Zusammenhang ist jedoch zu beachten, dass das Vorsorgeguthaben nicht der Vermögenssteuer unterliegt, solange es sich im Vorsorgekreislauf befindet. Bei Teilpensionierungsschritten ist das Kapital jeweils ab Bezug, also früher vermögenssteuerpflichtig.


Durch den vorzeitigen Bezug des Vorsorgeguthabens muss Fritz Muster folgende Vermögenssteuern entrichten, welche nicht geschuldet wären, wenn das Vorsorgeguthaben bis zum Erreichen des Referenzalters vollumfänglich im Vorsorgekreislauf geblieben wäre:

*der Einfachheit halber wurde in diesem Beispiel angenommen, dass Fritz Muster über kein weiteres steuerbares Vermögen verfügt und die Berner Vermögenssteuerbremse ausser Acht gelassen.

 

Die vorzeitige Vermögenssteuerpflicht kann die Steuerersparnis mehrerer Kapitalbezüge vermindern oder im Extremfall sogar gänzlich beseitigen. Es ist deshalb immer im Einzelfall zu prüfen, ob sich Teilpensionierungsschritte mit Kapitalbezug aus steuerlicher Sicht effektiv lohnen.


Extrembeispiel: Fritz Muster (geb. 30.06.1964) bezieht sein Vorsorgeguthaben in drei Schritten, mit der Absicht Steuern zu sparen. Mit Erreichen des 60. Altersjahres am 30. Juni 2024 vollzieht er den ersten Teilpensionierungsschritt und bezieht 1/3 des Vorsorgeguthabens in Kapitalform. Ein Jahr später (am 30. Juni 2025) erfolgt der nächste Teilpensionierungsschritt mit erneutem Kapitalbezug von 1/3 des Altersguthabens. Mit Erreichen des Referenzalters (am 30. Juni 2029) bezieht Fritz Muster den letzten Drittel des Vorsorgeguthabens.

Durch den vorzeitigen Bezug des Vorsorgeguthabens muss Fritz Muster folgende Vermögenssteuern entrichten, welche nicht geschuldet wären, wenn das Vorsorgeguthaben bis zum Erreichen des Referenzalters vollumfänglich im Vorsorgekreislauf geblieben wäre:

*der Einfachheit halber wurde in diesem Beispiel angenommen, dass Fritz Muster über kein weiteres steuerbares Vermögen verfügt und die Berner Vermögenssteuerbremse ausser Acht gelassen.

 

 


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