Steuerliche Änderungen im Kanton Bern

10.01.2024

Die kantonale Steueranlage für juristische Personen wird ab dem Steuerjahr 2024 um 2 Steuerzehntel gesenkt. Die ursprünglich geplante Senkung der kantonalen Steueranlage für natürliche Personen wurde verschoben und ist ab dem Steuerjahr 2025 geplant. Per 1. Januar 2024 wird zudem die Steuergesetzrevision 2024 des Kantons Bern in Kraft treten. Insgesamt ist es eine schlanke Revision, welche keine steuerpolitischen Themen auf Stufe Kanton aufgreift. Die nächste Steuergesetzrevision, welche voraussichtlich frühestens per 2027 in Kraft treten dürfte, wird demgegenüber grössere Änderungen mit sich bringen.

Steuergesetzrevision 2024

Besteuerung von Photovoltaik- und Solarthermieanlagen

Vermögenssteuer

Im Kanton Bern war lange umstritten, ob Photovoltaikanlagen bei der Berechnung des amtlichen Werts zu berücksichtigen sind und es erfolgten mehrere Gerichtsentscheide zu dieser Thematik. Nach der aktuellen und bis zum 31. Dezember 2023 gültigen Praxis fliessen bei nicht landwirtschaftlichen Grundstücken einzig Aufdachanlagen nicht in den amtlichen Wert ein. Indachanlagen und Solarthermieanlagen wurden jedoch bewertet und führten entsprechend zu einem höheren amtlichen Wert.

Ab dem 1. Januar 2024 wird das Berner Steuergesetz ausdrücklich festhalten, dass alle Photovoltaik- und Solarthermieanlagen bei nicht landwirtschaftlichen Grundstücken nicht bewertet werden. Sie sind damit nicht Bestandteil des amtlichen Werts.

Die Photovoltaik- und Solarthermieanlagen werden steuerrechtlich neu als bewegliches Vermögen im Umfang von 20% des Anschaffungswerts berücksichtigt. Bei der interkommunalen Steuerausscheidung werden sie folglich der Wohnsitzgemeinde der Eigentümer zur Besteuerung zugewiesen.

Die Gesetzesänderung führt bei Eigentümern von bestehenden Indachanlagen und Solarthermieanlagen zu einem tieferen amtlichen Wert des Grundstücks. Die Steuerverwaltung wird deshalb einen neuen, tieferen amtlichen Wert festsetzen. Die steuerpflichtigen Personen müssen ihre Solarthermieanlagen jedoch in einem eigenen Antragsverfahren geltend machen, da diese Anlagen bei der Steuerverwaltung des Kantons Bern nicht systematisch erfasst sind. Zu diesem Zweck wird ein zusätzlicher Brief zusammen mit der Liegenschaftssteuerrechnung 2023 verschickt.

Der tiefere amtliche Wert ist im Übrigen auch für die Liegenschaftssteuer massgebend.

Einkommenssteuer

Eigenmietwert

Nach der aktuellen Praxis erhöhen Solarthermieanlagen den Eigenmietwert. Ab dem 1. Januar 2024 werden weder Photovoltaikanlagen noch Solarthermieanlagen im Eigenmietwert berücksichtigt.

Stromproduktion

Bis zum 31. Dezember 2023 gilt das Bruttoprinzip, d.h. die Erträge aus dem Verkauf des produzierten Stroms sind vollumfänglich steuerbar und der Bezug beim Stromanbieter stellt nicht abzugsfähige Lebenshaltungskosten dar.

Ab dem Steuerjahr 2024 erfolgt ein Wechsel zum Nettoprinzip. Steuerbar ist nur die Differenz zwischen dem Ertrag aus dem Stromverkauf und dem bezogenen Strom. Neu gilt auch eine Bagatellgrenze für die Deklaration. Die Erträge aus der Stromproduktion sind erst ab einer Anlagegrösse von 10 kW zu deklarieren. Die massgebende Praxis der Steuerverwaltung des Kantons Bern wird in den kommenden Monaten publiziert.


Beispiel

Anna hat auf ihrem Einfamilienhaus eine kleine Photovoltaikanlage installiert. Der produzierte Strom, welchen sie nicht selbst verbraucht, wird in das Netz des lokalen Stromanbieters eingespiesen. Der Ertrag aus dem Stromverkauf beträgt CHF 1’700. In den Zeiträumen, in welchem die Photovoltaikanlage zu wenig Strom produziert, bezieht Anna zusätzlichen Strom für CHF 1’300.

Nach dem Bruttoprinzip versteuert Anna den verkauften Strom von CHF 1’700 und kann den bezogenen Strom von CHF 1’300 steuerlich nicht geltend machen.

Nach dem ab dem 1. Januar 2024 geltenden Nettoprinzip muss Anna nur die Differenz zwischen dem verkauften und bezogenen Strom versteuern, d.h. CHF 400.


Abzüge

Die Kosten für die Anschaffung einer Photovoltaik- oder Solarthermieanlage können als Liegenschaftsunterhaltskosten bei der Einkommenssteuerveranlagung geltend gemacht werden. Ab dem 1. Januar 2024 gilt dies auch für Installationen von Photovoltaik- und Solarthermieanlagen, welche im Rahmen eines Neubaus anfallen. Die steuerpflichtige Person hat kein Wahlrecht, ob
sie Liegenschaftsunterhaltskosten geltend machen will, oder die Investition als Anlagekosten bei der Grundstückgewinnsteuer anrechnen will. Die Anschaffungskosten sind stets im Rahmen der Einkommensbesteuerung geltend zu machen.

Geschäftsvermögen

Beim Geschäftsvermögen stellt sich insbesondere die Frage, ob die Photovoltaik- oder Solarthermieanlage als Anlagekosten bei der Grundstückgewinnsteuer qualifizieren. Bei der Aktivierung einer Anlage bei einem Neubau ändert sich die Praxis der Steuerverwaltung des Kantons Bern.

Massgebend ist die Verbuchung in der Buchhaltung. Wird eine Photovoltaik- oder Solarthermieanlage als Teil der Liegenschaft aktiviert, stellen die Kosten Anlagekosten dar. Erfolgt eine separate Aktivierung (z.B. als feste Einrichtung/Installation), qualifizieren die Kosten nicht als Anlagekosten. Dies gilt neu sowohl bei bestehenden Gebäuden als auch bei Neubauten.

Eine ähnliche Thematik stellt sich bei Subventionen für die Photovoltaik- oder Solarthermieanlage. Bei einer separaten Verbuchung stellen die Subventionen steuerbaren Ertrag dar und vermindern die Anlagekosten nicht. Bei einer Verbuchung als Teil der Liegenschaft vermindern die Subventionen die Anlagekosten. Dies gilt neu sowohl bei bestehenden Gebäuden als auch bei Neubauten.

Weitere ausgewählte Änderungen

Abzug für Kinderdrittbetreuung

Der maximale Abzug für die Kinderdrittbetreuung wird von aktuell CHF 12'000 auf CHF 16'000 erhöht.

Überbrückungsleistungen für ältere Arbeitslose

Arbeitslose Personen ab 60 Jahren erhalten zur Deckung des Existenzbedarfs bis zum AHV-Alter unter gewissen Voraussetzungen eine Überbrückungsleistung. Das Berner Steuergesetz hält neu explizit fest, dass diese Überbrückungsleistungen steuerfrei sind.

Steuerliche Behandlung von finanziellen Sanktionen

Das Berner Steuergesetz hält neu explizit fest, dass folgende Aufwendungen nicht abziehbar sind:

  • Zahlungen von Bestechungsgeldern im Sinne des schweizerischen Strafrechts
  • Aufwendungen zur Ermöglichung von Straftaten oder als Gegenleistung für die Begehung von Straftaten
  • Bussen und Geldstrafen
  • Finanzielle Verwaltungssanktionen, soweit sie einen Strafzweck haben
     

Sanktionen der letzten beiden Aufzählungszeichen, die von einer ausländischen Straf- oder Verwaltungsbehörde verhängt worden sind, sind ausnahmsweise abziehbar, wenn die Sanktion gegen den schweizerischen Ordre public verstösst oder die steuerpflichtige Person glaubhaft darlegt, dass sie alles Zumutbare unternommen hat, um sich rechtskonform zu verhalten.

Begründung einer Einsprache

Das Berner Steuergesetz sieht in der aktuellen Fassung vor, dass eine Einsprache gegen eine Veranlagungsverfügung begründet werden muss. Diese Formulierung widerspricht dem Steuerharmonisierungsgesetz und wird daher per 1. Januar 2024 aufgehoben.

Eine Einsprache muss nur dann begründet werden, wenn sie sich gegen eine Ermessensveranlagung richtet.

Senkung der kantonalen Steueranlage bei den juristischen Personen ab dem Steuerjahr 2024

Der Grosse Rat hat am 5. Dezember 2023 das Budget 2024 für den Kanton Bern genehmigt. Das Budget 2024 enthält unter anderem eine Senkung der kantonalen Steueranlage bei den juristischen Personen ab dem Steuerjahr 2024 um 2 Steuerzehntel, also von 2.82 auf 2.62.

Weitere geplante Steuersenkungen

Die ursprünglich geplante Senkung der kantonalen Steueranlage bei den natürlichen Personen um 0,5 Steuerzehntel, d.h. von 3.025 auf 2.975, wurde auf das Jahr 2025 verschoben. Für den Fall, dass der Kanton Bern Ausschüttungen der Schweizerischen Nationalbank von mindestens rund CHF 160 Millionen erhält, hätte die Steuersenkung bereits ab dem Steuerjahr 2024 erfolgen können. Da die Schweizerische Nationalbank für das Geschäftsjahr 2023 nach provisorischen Berechnungen einen Verlust in der Grössenordnung von CHF 3 Mrd. ausweisen wird, erfolgt keine Gewinnausschüttung an Bund und Kantone. Somit steht fest, dass die Steuerbelastung der natürlichen Personen im Steuerjahr 2024 nicht gesenkt wird.

Der Regierungsrat hat kürzlich die Steuerstrategie des Kantons Bern aktualisiert. Darin hat er sich das Ziel gesetzt, die generelle Steuerbelastung im Kanton Bern in Richtung Mittelfeld der Kantone zu senken. Bis 2027 sollen die kantonale Steueranlage für die juristischen Personen auf 2.38 und bis 2030 die kantonale Steueranlage für die natürlichen Personen auf mindestens 2.9 gesenkt werden.
 


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