Der aktuelle Gerichtsentscheid

17.10.2023

Damit eine ambulante Heilbehandlung von der Steuer ausgenommen ist, muss es sich einerseits um eine Heilbehandlung im Sinne von Art. 34 MWSTV handeln und anderseits muss der Leistungserbringer ein Angehöriger eines Heil- oder Pflegeberufes sein und über eine Berufsausübungsbewilligung verfügen. Das Bundesgericht hat im Urteil vom 24. August 2023 (2C_87/2023) festgehalten, wann eine solche Berufsausübungsbewilligung vorliegt.

Sachverhalt

Die B. AG betreibt in mehreren Kantonen der Schweiz Rehabilitationskliniken, in denen auch ambulante Behandlungen der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) erbracht werden. Für Behandlungen, welche an Standorten in den Kantonen Aargau und Zürich vorgenommen wurden, erhob die ESTV für die Steuerperioden 2012 bis 2016 eine Steuernachbelastung, weil an diesen Standorten für die ambulanten TCM-Behandlungen keine Berufsausübungsbewilligung vorlag.

Erwägungen des Gerichts

Unbestritten ist, dass es sich bei den TCM-Behandlungen um Heilbehandlungen im Sinne von Art. 34 MWSTV handelt. Der Umstand, dass Leistungen über TARMED abgerechnet werden können, betrifft nur das objektive Kriterium, ob eine Heilbehandlung vorliegt. Für das subjektive Kriterium, dass die Leistung durch einen Leistungserbringer mit Berufsausübungsbewilligung erbracht werden muss, lässt sich aus der Abrechnung nach TARMED nichts ableiten.

Bei der Prüfung der kantonalen Gesundheitsgesetzgebung hält das Bundesgericht betreffend den Kanton Aargau fest, dass in der kantonalen Gesetzgebung abschliessend aufgezählt ist, wer eine Bewilligung des Kantons benötigt. Naturheilpraktiker einschliesslich der Akupunktur benötigten in der bis Ende 2017 geltenden Fassung keine Bewilligung zur Ausübung der Tätigkeit. Eine entsprechende Bewilligungspflicht wurde erst per 1. Januar 2018 eingeführt und erst ab diesem Zeitpunkt wurden Berufsausübungsbewilligungen ausgestellt. Betreffend den Kanton Zürich stellt das Bundesgericht fest, dass eine Bewilligung benötigt, wer Leistungen der Akupunktur erbringt und wer unter einem Titel TCM Leistungen (Titelführungsbewilligung) anbietet. Sonst ist das Erbringen von TCM-Leistungen bewilligungsfrei.

Da unter dem Kriterium der Berufsausübungsbewilligung nur eine positive Genehmigung zu verstehen ist, ergibt sich aus dem Umstand, dass für TCM-Leistungen (im Kanton Zürich mit Ausnahme der Akupunktur) keine Bewilligung notwendig ist, dass hierfür keine Berufsausübungsbewilligung ausgestellt wird und somit die Leistungen steuerbar sind.

Fazit

Die Beurteilung, ob eine Tätigkeit im Bereich des Gesundheitswesens von der Mehrwertsteuer ausgenommen ist, hängt einerseits davon ab, ob es sich um eine Heilbehandlung handelt. Diese Definition ist einheitlich in Art. 34 MWSTV festgehalten. Zusätzlich benötigt der Erbringer der Heilbehandlung eine entsprechende Berufsausübungsbewilligung. Da in der Schweiz das Gesundheitswesen kantonal geregelt ist, kann es zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, je nachdem, wo die Leistung innerhalb der Schweiz erbracht wird. Auch kann eine Revision eines kantonalen Gesundheitsgesetzes dazu führen, dass sich die Qualifikation einer Leistung ändert.
 


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