Die mehrwertsteuerliche Behandlung von Mieterausbauten bei Rohbaumieten

14.06.2023

Bei der Vermietung von Geschäftsräumlichkeiten erfreut sich die sogenannte Rohbaumiete zunehmender Beliebtheit, da sie es dem Mieter erlaubt, die gemieteten Räumlichkeiten individuell nach seinen Wünschen und Bedürfnissen auszubauen. Hinsichtlich der MWST gilt es je nach vertraglicher Vereinbarung verschiedene Punkte zu beachten.

Die Rohbaumiete stellt eine besondere Erscheinungsform der Miete dar, bei welcher der Mieter das Mietobjekt in noch nicht voll ausgebautem Zustand übernimmt und – zumindest teilweise – den Aus- oder Umbau mitbestimmt. Hinsichtlich der vertraglichen Vereinbarungen über die Ausbaukosten kommen in der Praxis verschiedene Varianten vor. Wir stellen Ihnen nachfolgend die gängigsten Vorgehensweisen und deren mehrwertsteuerliche Behandlung vor.

1. Ausbau erfolgt durch den steuerpflichtigen Mieter

Wird der Ausbau des gemieteten Objekts durch den steuerpflichtigen Mieter oder durch von ihm beauftragte Dritte zu seinen Lasten ausgeführt und bezahlt der Mieter die eingebauten Gegenstände, dürfen die in diesem Zusammenhang anfallenden Vorsteuern geltend gemacht werden, sofern das Objekt für eine zum Vorsteuerabzug berechtigende unternehmerische Tätigkeit verwendet wird. Gemäss der in der MWST-Branchen-Info 17 Liegenschaftsverwaltung / Vermietung und Verkauf von Immobilien (MBI 17) publizierten Verwaltungspraxis der ESTV gilt dies unabhängig davon, ob der Vermieter für die Vermietung des Objekts optiert hat oder nicht. Ob es sich beim Vermieter gleichzeitig auch um den Generalunternehmer handelt, der diese baulichen Massnahmen vornimmt oder vornehmen lässt, ändert ebenfalls nichts daran.

2. Ausbau erfolgt durch den Vermieter

Nicht selten werden in der Praxis die Mieterausbauten vom Vermieter gemäss den Wünschen des Mieters vorgenommen und vorfinanziert. Dabei kommen folgende Formen der Weiterbelastung an den Mieter häufig vor:

2.1. Einmalzahlung durch den Mieter

Hat der Mieter für diese zusätzlichen Investitionen eine Einmalzahlung zu leisten, ist diese vom Vermieter zum Normalsatz von 7.7 % abzurechnen. Solche Umsätze können die obligatorische Steuerpflicht eines bisher nicht steuerpflichtigen Vermieters begründen, deshalb ist in solchen Fällen unbedingt zu prüfen, ob aus Sicht der MWST ein anderes Vorgehen sinnvoller wäre.

2.2. Amortisation über Mietzins

Wenn die Überwälzung der Ausbaukosten an den Mieter über den Mietzins erfolgt (d.h. die Amortisation ist im Mietzins enthalten), gelten die vom Vermieter in Rechnung gestellten Kosten als Teil des Mietentgeltes und teilen die mehrwertsteuerliche Qualifikation der Miete[1]. Im Falle einer Option – welche nur von einem steuerpflichtigen Vermieter ausgeübt werden kann – unterliegt somit das ganze Mietentgelt der Steuer zum Normalsatz (mit Vorsteuerabzugsrecht beim steuerpflichtigen Vermieter). Ohne Option ist das gesamte Mietengelt von der Steuer ausgenommen (ohne Vorsteuerabzugsrecht beim Vermieter). Eine Amortisation über den Mietzins hat bei einem nicht steuerpflichtigen Vermieter keine mehrwertsteuerlichen Auswirkungen, d.h. diese Umsätze zählen nicht zur Umsatzgrenze von CHF 100'000 und führen deshalb nicht zu einer obligatorischen Steuerpflicht.

2.3 Verrechnung mit Darlehen

Findet eine Überwälzung der Ausbaukosten an den Mieter im Rahmen einer Darlehensgewährung statt, beurteilt die ESTV dies als eine zum Normalsatz steuerbare Lieferung an den Mieter. Der steuerpflichtige Vermieter darf die von ihm bezahlten Vorsteuern geltend machen. Der Mieter darf die ihm überwälzte MWST ebenfalls ganz oder ggf. teilweise als Vorsteuer geltend machen, sofern er die Ausbauten im Rahmen seiner unternehmerischen Tätigkeit verwendet. Auch in diesem Fall kann die obligatorische Steuerpflicht eines bisher nicht steuerpflichtigen Vermieters begründet werden, deshalb ist es auch hier ratsam zu prüfen, ob aus Sicht der MWST z.B. die Amortisation über den Mietzins klüger wäre.

3. Weiterverrechnung

Werden die Ausbaukosten durch den steuerpflichtigen Mieter weiterverrechnet (z. B. an den Vermieter oder den Nachfolgemieter bei Kündigung), gilt dies als eine zum Normalsatz (7.7%) steuerbare Lieferung, da es sich um eine (ganze oder teilweise) Fakturierung von seinerzeit entstandenen Ausbaukosten handelt. Wurden die Einrichtungen durch den Verkäufer gemischt verwendet, d. h. sowohl für die Erzielung steuerbarer als auch von der Steuer ausgenommener Leistungen, besteht für ihn allenfalls die Möglichkeit einer Einlageentsteuerung[2]. Eine Einlageentsteuerung kann ebenfalls vorgenommen werden, wenn die Einrichtungen ausschliesslich für von der Steuer ausgenommene Leistungen verwendet wurden und steuerbar weiterfakturiert werden[3].

Merke: In der Praxis sind weitere Varianten sowie Mischformen der aufgezeigten Möglichkeiten denkbar. Um für die beteiligten Parteien die jeweils für sie optimale Variante zu wählen, muss im Falle einer Rohbaumiete zwingend auch an die MWST gedacht werden und die steuerlichen Abklärungen sind rechtzeitig an die Hand zu nehmen. Bei bisher nicht steuerpflichtigen Vermietern können je nach Ausgestaltung der Verträge steuerbare Leistungen vorliegen, die unter Umständen eine obligatorische Steuerpflicht begründen.
 

[1]  MBI 17, Ziff. 6.10.2
[2]  Art. 32 MWSTG
[3]  MBI 17, Ziff. 6.10.1

 


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