Die Gewinnverwendung und Reservenzuweisung im neuen Aktienrecht

27.02.2023

Die Gewinnverwendung und die Reservenzuweisung werden mit der Aktienrechtsreform ab dem 1. Januar 2023 deutlich vereinfacht und präzisiert.

Als wesentliche Neuerung kann hervorgehoben werden, dass auf eine zweite Reservenzuweisung inskünftig verzichtet wird und nun klar ist, dass auch gesetzliche Reserven, welche 50% des im Handelsregister eingetragenen Kapitals übersteigen (20% bei Holdinggesellschaften), ausgeschüttet werden dürfen. Dividenden dürfen wie heute erst ausgeschüttet werden, nachdem die Zuweisungen an die gesetzlichen und die freiwilligen bzw. statutarischen Gewinnreserven erfolgt sind.

Nachfolgend erhalten Sie eine Übersicht der verschiedenen Reserven, wie die Bildung erfolgt und ob Ausschüttungen aus diesen Reserven überhaupt möglich sind:

Besonders interessant scheint uns Art. 673 Abs. 2 OR, wonach freiwillige Reserven nur gebildet werden dürfen, wenn das dauernde Gedeihen des Unternehmens unter Berücksichtigung der Interessen aller Aktionäre dies rechtfertigt. Wir sind gespannt auf die Auswirkungen in der Realität und auf die daraus möglicherweise resultierenden Rechtsfälle. Zusätzliche Reserven haben erfahrungsgemäss für das Gedeihen der Unternehmen noch selten geschadet. Anders sieht es sicherlich bei den Interessen der Aktionäre aus – aber kann nun ein Aktionär in Geldnot die Gesellschaft und/oder die Generalversammlung auf einen Dividendenbeschluss verklagen?

Weiter wurde im Art. 674 OR auch die Reihenfolge der Verlustverrechnung stipuliert. Neu müssen Verluste in folgender Reihenfolge verrechnet werden:

  1. Gewinnvortrag
  2. freiwillige Gewinnreserve
  3. gesetzliche Gewinnreserve
  4. gesetzliche Kapitalreserve


Anstelle der Verrechnung mit der gesetzlichen Gewinnreserve oder der gesetzlichen Kapitalreserve dürfen gemäss Art. 674 Abs. 2 OR verbleibende Verluste auch teilweise oder ganz auf neue Rechnung vorgetragen werden. So wie im Gesetz stipuliert dürfen verbleibende Verluste nur bei gesetzlichen Reserven auf neue Rechnung vorgetragen werden. Hingegen müsste beispielsweise mit statutarischen Reserven oder anderen freiwilligen Gewinnreserven zwingend eine Verlustverrechnung erfolgen.

Fazit: Die neuen Regeln sind deutlich einfacher in der Anwendung (insbesondere durch den Wegfall der zweiten Zuweisung) und lösen eine seit Jahren von verschiedenen Juristen unterschiedlich beurteilte Frage betreffend Ausschüttungen von gesetzlichen Reserven über der 50%- bzw. 20%-Quote.
 


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