Der aktuelle Gerichtsentscheid

15.08.2022

Die Vermietung von Immobilien ist – ohne Anspruch auf Vorsteuerabzug – von der Steuer ausgenommen. Nutzt der Mieter die Immobilien nicht ausschliesslich zu Wohnzwecken, so kann für die Vermietung durch offenen Ausweis der Steuer oder durch Deklaration optiert werden. Eine solche freiwillige Versteuerung will gut überlegt sein, weil eine nachträgliche Änderung nur sehr beschränkt möglich ist.

Das Bundesgericht hatte in seinem Urteil vom 12. Mai 2022 (2C_853/2021) den Fall eines Steuerpflichtigen im Wallis zu beurteilen, der mehrere Liegenschaften bewirtschaftet und diese an Dritte vermietet. Ab 2012 hatte der Steuerpflichtige bei zwei Liegenschaften auf den Rechnungen die MWST offen ausgewiesen und somit für die Mehrwertsteuer optiert. Nach einem Wechsel des Treuhänders wurde dem Steuerpflichtigen bewusst, dass die Mieter in den zwei Liegenschaften die ausgewiesene Steuer nicht als Vorsteuer geltend machen konnten. Der Treuhänder empfahl dem Steuerpflichtigen deshalb, die Rechnungen, für die er aus seiner Sicht fälschlicherweise optiert hatte, zu korrigieren. Der Steuerpflichtige reichte im Verlaufe des Jahres 2016 entsprechende Korrekturabrechnungen ein und die ESTV erstattete Beträge nach einer intensiven Korrespondenz zurück. Der Steuerpflichtige stellte den Mietern der zwei Liegenschaften Ende 2016 entsprechende Gutschriften aus und erstattete die Steuer zurück, was die Mieter schriftlich bestätigten. Anlässlich einer Kontrolle 2017 belastete die ESTV die Steuer für die Steuerperioden 2012 bis 2015 wieder nach.

Erwägungen des Gerichts
Vorliegend war unbestritten, dass der Steuerpflichtige auf den Rechnungen die Steuer offen ausgewiesen hat. Eine Korrektur einer Rechnung gemäss Art. 27 Abs. 4 MWSTG ist nach Bundesgericht nur dann möglich, wenn der Rechnungssteller zum Ausweis der Steuer gar nicht berechtigt ist oder er eine zu hohe Steuer ausgewiesen hat. Beides ist vorliegend nicht der Fall. Das Bundesgericht prüft in der Folge, ob auf eine korrekt vorgenommene Option nachträglich verzichtet werden kann. Das Bundesgericht verweist auf sein Urteil BGE 140 II 495 in welchem es festgehalten hat, dass eine rückwirkende Option für von der Steuer ausgenommene Umsätze ausgeschlossen ist. Dies gilt nach dem Bundesgericht auch für den nachträglichen Verzicht auf die Option. Dies ist mit Wirkung ab 1. Januar 2018 auch in Art. 39 MWSTV ausdrücklich festgehalten. Eine Korrektur kann nur für Steuerperioden vorgenommen werden, für welche die Finalisierungsfrist von Art. 72 MWSTG noch nicht abgelaufen ist. Schliesslich hat das Bundesgericht auch noch festgehalten, dass die Auszahlung der Beträge 2016 keine Vertrauensgrundlage bildete, d.h. der Steuerpflichtige sich nicht auf Treu und Glauben berufen kann.

Fazit
Die freiwillige Versteuerung (Option) von Immobilienvermietungen ist eine nützliche Möglichkeit, um eine Schattensteuerbelastung zu vermeiden. Die Option macht vor allem dann Sinn, wenn die Mieter die offen überwälzte Steuer wieder als Vorsteuer in Abzug bringen können. Wie dieses Urteil des Bundesgerichts aber zeigt, sollte die Frage, ob Mietverhältnisse optiert werden sollen, jeweils vorgängig sorgfältig geprüft werden. Die nachträglichen Korrekturmöglichkeiten sind sehr beschränkt.


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