Coronavirus - Auswirkungen auch auf die MWST

27.05.2020

Um der Wirtschaft in Zeiten des Coronavirus unter die Arme zu greifen, leitet der Bund neue Massnahmen ein. Bei verspäteten Zahlungen werden seit dem 20. März 2020 keine Verzugszinsen mehr erhoben. Die Hürden für den Antrag auf Kurzarbeitsentschädigung wurden gelockert und die Möglichkeit Erwerbsausfall-Taggelder zu beantragen wurde geschaffen.
Ebenso wurden diverse Kreditmodelle entwickelt, welche sicherlich grosszügig, in mehrwertsteuerlichen Angelegenheiten jedoch nicht immer einfach abzuwickeln sind.

Die Medien haben in den vergangenen Wochen sehr vieles über die getroffenen Massnahmen betreffend COVID-19 geschrieben, weshalb wir uns erlauben, Sie kurz und knapp über die mehrwertsteuerlichen Folgen dieser Massnahmen zu informieren.
Leider wurde von Seiten der ESTV bisher ausser dem Hinweis, wie die Kurzarbeitsentschädigung zu deklarieren ist und dass beim Erhalt von Geldern zu klären sei, ob es sich um Subventionen handelt, noch keine Verwaltungspraxis betreffend der mehrwertsteuerlichen Folgen der verschiedenen Massnahmen publiziert. Wir erlauben uns deshalb, aufgrund der sonstigen Verwaltungspraxis eine Einschätzung vorzunehmen.

Verzugszinsen
Der Bundesrat hat beschlossen, bei verspäteten Zahlungen an den Bund keine Verzugszinsen mehr zu erheben. Dies gilt für die Mehrwertsteuer, Zölle und Lenkungsabgaben ab dem 20. März 2020 bis zum 31. Dezember 2020. Der Verzicht des Bundes auf die Verzugszinsen bei verspäteter Zahlung hat keine Auswirkung auf die MWST.

Kurzarbeitsentschädigung
Der Erhalt von Kurzarbeitsentschädigung unterliegt nicht der Mehrwertsteuer, da es sich dabei um Leistungen der Arbeitslosenversicherung (SR 830/SR 830.1) resp. ein sogenanntes Nicht-Entgelt handelt (Art. 18 Abs. 2 MWSTG). Die Deklaration in der MWST-Abrechnung erfolgt unter der Ziffer 910. Solche Mittelflüsse führen nicht zu einer Vorsteuerkürzung (Art. 33 Abs. 1 MWSTG).

Erwerbsausfallentschädigung
Ein Unternehmen kann für Arbeitnehmende, welche indirekt von den Folgen betroffen sind, da sie ihre Kinder nicht fremdbetreuen lassen oder infolge Quarantäne nicht arbeiten können, eine Erwerbsausfallentschädigung beantragen. Dasselbe gilt für Selbständigerwerbende (Verordnung über die Massnahmen bei Erwerbsausfall im Zusammenhang mit dem Coronavirus (SR 830.31).
Der Erhalt von Taggeldern bei den Arbeitgebern oder bei den Selbständigerwerbenden unterliegt unserer Ansicht nach nicht der Mehrwertsteuer, da es sich dabei um ein sogenanntes Nicht-Entgelt handelt (Art. 18 Abs. 2 MWSTG). Die Deklaration in der MWST-Abrechnung erfolgt unter der Ziffer 910. Solche Mittelflüsse führen nicht zu einer Vorsteuerkürzung (Art. 33 Abs. 1 MWSTG).

Finanzhilfen
Gem. der Verordnung (SR 415.021) über Begleitmassnahmen im Sportbereich zur Abfederung der Folgen von Massnahmen des Bundes zur Bekämpfung des Coronavirus vom 20.03.2020 können Vereine mit nicht rückzahlbaren Geldleistungen (sog. Finanzhilfen) unterstützt werden. Hierbei handelt es sich um Subventionen (Art. 18 Abs. 2 Bst. a MWSTG, zu deklarieren in der MWST-Abrechnung Ziffer 900), welche grundsätzlich eine Kürzung im Bereich der Vorsteuer zur Folge haben.

Darlehen, Kreditgewährung und Solidarbürgschaften
Der Bund ermöglicht die Vergabe von Darlehen und Krediten ohne Zins resp. mit einem nicht marktüblichen Zins. Bei solchen nicht zu zahlenden resp. zu unter dem Marktwert anfallenden Zinsen ergeben sich unserer Ansicht nach keine mehrwertsteuerlichen Konsequenzen. Es verzichtet nicht die öffentliche Hand auf den Zins, sondern die Bank welche den Kredit vergibt. Die Bank ist per Vorgabe vom Bund dazu verpflichtet auf den Zins zu verzichten, wird aber vom Bund dafür nicht entschädigt. 
Banken und die PostFinance können Kredite sprechen und der Bund bürgt für diese Kredite im Umfang von 100% bzw. 85% . Dies bedeutet er haftet, falls der Kreditnehmende den Kredit nicht zurückzahlen kann. (Gewährung von Krediten und Solidarbürgschaften in Folge des Coronavirus, SR 951.261).
Wird aufgrund von einem Härtefall (z.B. Sanierung) auf eine Rückzahlung des Kredites verzichtet resp. übernimmt die öffentliche Hand die Bezahlung des Kredites, handelt es sich um eine Subvention gem. Art. 18 Abs. 2 Bst. a MWSTG, welche grundsätzlich beim Kreditnehmenden eine Vorsteuerkürzung zur Folge hat.
Wird ein Kredit infolge eines Konkurses des Kreditnehmers nicht zurückbezahlt, so übernimmt der Bund diese offene Forderung. Da der Bund hier keine Wahl hat – er bezahlt den Kredit nur aufgrund des Konkurses – kann hier wohl kaum eine Subvention vorliegen.
Folglich ist jeder von der öffentlichen Hand übernommene Kredit in Bezug auf die mehrwertsteuerlichen Folgen zu überprüfen.

Fazit
Die geschaffenen Massnahmen sind in dieser schweren Zeit für die Steuerpflichtigen sehr willkommen und überaus sinnvoll. Es ist jedoch wichtig, dass die einzelnen Massnahmen in mehrwertsteuerlicher Sicht gut abgeklärt werden, da der Erhalt von gesprochenen Geldern bei Abrechnung nach der effektiven Methode eine Auswirkung auf die Vorsteuer haben kann.
Aktuell hat die ESTV noch nicht zu allen oben er-wähnten Massnahmen Stellung genommen. Wir hoffen, dass dies so bald wie möglich nachgeholt wird und die Steuerpflichtigen hier Rechtssicherheit erlangen. Es ist sicherlich nicht im Sinne der ESTV, dass jeder Steuerpflichtige eine schriftliche Anfrage an den Rechtsdienst der ESTV stellen soll.

Fragen und Antworten zur MWST:
https://www.estv.admin.ch/estv/de/home/covid19/news.html#1061912535


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