MWST-Tücken im Gesundheitswesen 2025

5. Februar 2025

Nach Jahren des Diskutierens wurde die MWST-Teilrevision auf 2025 in Kraft gesetzt. Vor allem die Änderungen beim Saldosteuersatz und die Erweiterung der Steuerausnahmen werden Auswirkungen auf die Gesundheitsbranche haben.

Die Änderungen bei den Saldosteuersätzen werden beispielsweise bei Ärzten1 zu einer Anpassung bei der Leistungserfassung sowie allenfalls beim Kontenplan führen, denn die Umsätze müssen leistungsspezifisch erfasst und den Steuersätzen zugeordnet werden können.

Die Teilrevision der Mehrwertsteuerverordnung sieht beim Saldosteuersatz u.a. folgende Änderungen vor:

  • Die 50%-Regel für Mischbranchen fällt weg.
  • Es können mehr als zwei Saldosteuersätze angewendet werden. Alle Leistungen, die mehr als 10% des steuerbaren Umsatzes ausmachen, müssen zum entsprechenden Satz abgerechnet werden2.
  • Bei einer Änderung der Abrechnungsmethode muss allenfalls eine Nutzungsänderung abgerechnet werden.

Mehrere Saldosteuersätze

Für die Arztpraxen zum Beispiel stellte die Anwendung von maximal zwei Saldosteuersätzen bisher eine wesentliche Vereinfachung dar. Mehrere Saldosteuersätze nebeneinander anwenden zu müssen, bedeutet, dass neu die steuerbaren Erträge bei der Leistungserfassung detaillierter erfasst werden müssen. Der Medikamentenverkauf (Einkauf zu 2.6%) ist auch in Zukunft mit dem Saldosteuersatz (SSS) von 0.6% abzurechnen. Die Lieferung von Gegenständen (Einkauf zu 8.1%), welche bisher ebenfalls unter den Mischbranchensatz fiel, muss 2025 ab einem Umsatzanteil der steuerbaren Umsätze von mehr als 10% mit dem SSS von 2.1% erfasst und deklariert werden.

Risiken Kostenverrechnungen in Gruppenpraxen

Die gemeinsame Nutzung von Infrastruktur oder Personal und Aufteilung dieser Kosten von Gruppenpraxen ist gemäss Art. 21 Abs. 2 Ziff. 6 MWSTG von der Mehrwertsteuer ausgenommen, soweit es sich beim Zusammenschluss der Ärztinnen oder Ärzte um eine einfache Gesellschaft handelt. Neu bleibt die Ausnahme auch bei juristischen Gesellschaftern bestehen, soweit es sich um „Einpersonengesellschaften“3 handelt, welche sich anschliessen. Die Tücke steckt also weiterhin im Detail, dass die Ausnahme für Praxisgesellschaften in Form juristischer Personen (z.B. GmbH oder AG) und Personengesellschaften (Kommandit- oder Kollektivgesellschaften) nicht gilt und die Gesellschafter natürliche oder „Einpersonengesellschaften“ sein müssen. Unabhängig von der Rechtsform ist jedoch die Zurverfügungstellung von Infrastruktur durch Ambulatorien und Tageskliniken neu gemäss Art. 21 Abs. 2 Ziff. 2 MWSTG von der Steuer ausgenommen (siehe nachstehende Kommentare).

Erweiterung der Steuerausnahmen gemäss Art. 21 Abs. 2 Ziffer 2, 3 und 8 MWSTG

Neu können Ambulatorien und Tageskliniken den Belegärzten Infrastrukturleistungen (inkl. Pflege- und medizinisches Personal) ohne MWST-Belastung erbringen (Art. 21 Abs. 2 Ziff. 2 MWSTG). Die Regelung gilt auch für die Zurverfügungstellung von Infrastruktur an Zahnärzte, Chiropraktorinnen und Apotheker.

Art. 21 Abs. 2 Ziff. 8 MWSTG gilt in Bezug auf Organisationen der Krankenpflege und der Hilfe zu Hause (Spitex) neu auch für nicht gemeinnützige Organisationen. Damit sind insbesondere gewisse hauswirtschaftliche Dienstleistungen neu auch dann von der Steuer ausgenommen, wenn sie von privaten, gewinnstrebigen Organisationen erbracht werden.

Die neue Ziffer 3bis von Art. 21 MWSTG nimmt im Gesundheitsbereich die sogenannten Managed-Care Leistungen (integrierte Versorgung von Patientinnen und Patienten) von der Steuer aus.

Diese Änderung war überfällig, war es doch stossend, dass solche Koordinationsdienstleistungen gemäss MWSTG bis zum 31. Dezember 2024 steuerpflichtigen Umsatz darstellten.

Tücken im Bereich ästhetischer/präventiver Medizin

Die bisherige eindeutige Praxis4 publiziert, dass Untersuchungen, Beratungen und Behandlungen, die der Hebung des Wohlbefindens oder der Leistungsfähigkeit dienen oder aus ästhetischen Gründen vorgenommen werden5, als ausgenommen zu behandeln sind. Aufgrund von uns begleiteten Fällen, spüren wir eine Tendenz, dass die Eidg. Steuerverwaltung (ESTV) gewisse Leistungen als von der Steuer ausgenommen in Frage stellt. Im Fokus der ESTV sind solche Eingriffe, die in keinem Zusammenhang mit Gesundheit und Heilung einer Krankheit stehen. Wie die Abgrenzungen vorzunehmen sein werden, ist aktuell auch für die ESTV unklar, plädiert sie bei unseren Fällen doch auf «Einzelfallbeurteilung», was der Rechtssicherheit alles andere als dienlich ist.

Fazit

Die Revision des Mehrwertsteuergesetzes bringt für mit Saldosteuersatz abrechnende Unternehmungen diverse Nachteile und Mehraufwendungen (Nutzungsänderung, Umsatzerfassung etc.) mit sich. Die Ausweitung der Steuerausnahmen ist zu begrüssen, wobei die weiterhin bestehenden Restriktionen gegenüber juristischen Personen nicht nachvollziehbar sind. Die Praxis der ESTV muss also auch in Zukunft im Auge behalten werden, damit MWST-Risiken vermieden werden können.

1 Der Leserlichkeit zuliebe sprechen wir von Ärzten. Darunter gehören jedoch alle Personen, welche gem. Art. 35 MWSTV als Heilbehandelnde gelten.
2 Vereinfacht kann auch alles zum höchsten Saldosteuersatz abgerechnet werden.
3 „Einpersonengesellschaften“ sind juristische Gesellschaften, bei welchen nur der inhabende Arzt und höchstens eine assistierende Person angestellt sind. MBI21 Ziff. 2.2.1
4 MWST-Branchenbroschüre 21 Gesundheitswesen
5 Sofern sie vom Arzt oder von der Ärztin selbst erbracht werden (Art. 34 Abs. 3 Bst. a MWSTV)

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