Der aktuelle Gerichtsentscheid

5. Februar 2025

Viele Leistungen lassen sich heutzutage über das Internet erbringen. Insbesondere für die Ortsbestimmung und für die Klärung der Steuerpflicht stellt sich die Frage, ob durch die Erbringung über das Internet eine elektronische Dienstleistung vorliegt. Diese Frage war Gegenstand des kürzlich ergangenen Urteils des Bundesgerichts vom 25. Oktober 2024 (9C_482/2024).

Sachverhalt

Die A. mit Sitz im Ausland führt Online-Sportwetten durch. Die ESTV trug die Firma rückwirkend auf den 1. Januar 2013 in das Register der Mehrwertsteuerpflichtigen ein. A. bestreitet, in der Schweiz elektronische Dienstleistungen anzubieten.

Erwägungen des Bundesgerichts

Der Ort einer elektronischen Dienstleistung richtet sich nach dem Empfängerortsprinzip. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung setzt die Qualifikation als elektronische Dienstleistung voraus, dass diese über das Internet oder ein vergleichbares Netzwerk weitgehend automatisiert und ohne wesentliche menschliche Eingriffe erfolgt. Dies schliesst etwa die Beratungsleistungen aus, die auf einem persönlichen Austausch mit dem Kunden beruhen. Die ESTV hat die Grundsätze des Bundesgerichts in der MWST-Branchen-Info 13 (MBI 13) umgesetzt und folgende Kriterien für das Vorliegen einer elektronischen Dienstleistung festgelegt:

  1. Die Dienstleistung wird über das Internet oder ein anderes elektronisches Netz erbracht;
  2. die Dienstleistung wird automatisiert erbracht und die menschliche Beteiligung seitens des Leistungserbringers ist minimal;
  3. das Erbringen der Dienstleistung ist ohne Informationstechnologie nicht möglich.

Unbestritten ist bei den vorliegenden Online-Sportwetten, dass die Dienstleistung über das Internet oder ein anderes elektronisches Netz erbracht wird und sie ohne Informationstechnologie nicht möglich wäre. Umstritten ist, ob die fragliche Dienstleistung automatisiert erbracht wird und die menschliche Beteiligung seitens A. minimal ist.

Kennzeichnend für eine elektronische Dienstleistung ist die digitale Erbringung ihrer selbst. Die erforderliche digitale Prägung fehlt zum einen, wenn eine Leistung bloss auf elektronischem Weg übermittelt wird, ohne selbst von entsprechender Natur zu sein. Zum anderen schliesst der digitale Charakter der Leistung eine menschliche Mitwirkung im Rahmen der Leistungserbringung weitgehend aus. Gegenstand des Vertragsverhältnisses betreffend eine elektronische Dienstleistung ist ein Produkt, das zwar – ausserhalb und unabhängig von der konkreten Dienstleistung – von Menschenhand entwickelt und unterhalten wird, aber in automatisierter Form zur Verfügung gestellt wird.

Im vorliegenden Fall beschränkt sich die menschliche Einflussnahme auf die Bestimmung der Wettquoten und andere Vorbereitungshandlungen. Die eigentliche Leistungserbringung erfolgt aber automatisiert. Für das Bundesgericht liegt eine elektronische Dienstleistung vor.

Fazit

Ob eine Leistung als elektronische Dienstleistung gilt, hat vor allem Auswirkungen bei internationalen Konstellationen. Auch wenn das vorliegende Urteil konkret nur für Sachverhalte verbindlich ist, bei denen der Leistungsort im Inland liegt, können die Erwägungen für Leistungserbringer, die Sitz im Inland haben und Leistungen an Empfänger mit Sitz im Ausland erbringen, nützlich sein. Die angrenzenden EU-Länder definieren die elektronische Dienstleistung sehr ähnlich. Unternehmen, welche standardisierte Produkte zum Bezug über das Internet anbieten sind gut beraten, wenn sie prüfen, ob dies eine elektronische Dienstleistung darstellt und sie gegebenenfalls in den Ländern, in welchen ihre Leistungsempfänger Sitz haben, steuerpflichtig werden.


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