Aus der Praxis – Nicht ganz hundert(tausend), aber trotzdem lohnend

19. August 2024

Die obligatorische MWST-Pflicht wird erst bei einem jährlichen Umsatz von CHF 100''000 ausgelöst. Wird diese Umsatzgrenze nicht erreicht, müssen sich Unternehmen nicht bei der MWST anmelden, sie sind von der Steuerpflicht befreit. Es bestehen allerdings Möglichkeiten zum Verzicht auf die Befreiung von der Steuerpflicht resp. zur freiwilligen Anmeldung bei der MWST.

Aber keine Angst, dies ist nicht nur für uns MWST-Fanatiker interessant. In vielen Fällen können dadurch erhebliche Kostensenkungen erwirkt und Ärger verhindert werden. Sie können also getrost weiterlesen.

Eingeladen in den Club der MWST-Pflichtigen sind grundsätzlich alle Schweizer Unternehmen und ausländische Unternehmen, die in der Schweiz Leistungen erbringen. Das heisst, unabhängig von der Höhe des Umsatzes können sich die Unternehmen freiwillig bei der MWST anmelden. Lohnend ist diese freiwillige Steuerpflicht insbesondere bei Neugründungen und Start-Ups. Grund dafür ist, dass erst die Anmeldung bei der MWST den Vorsteuerabzug ermöglicht und damit die Investitionskosten sowie die laufenden Kosten gesenkt werden können. Da Start-Ups in den ersten Monaten und Jahren viel investieren, aber keine oder kaum (steuerbare) Umsätze erzielen, resultieren daraus regelmässig Vorsteuerguthaben.

Die Möglichkeit zur freiwilligen Steuerpflicht sollte unbedingt genutzt werden, wenn im Rahmen von Umstrukturierungen und Neugründungen geistiges Eigentum (Marken- und Nutzungsrechte, Patente, etc.) von einer ausländischen Gesellschaft auf ein Schweizer Unternehmen übertragen wird. Die Übertragung unterliegt nämlich der Bezugsteuer und wenn das Schweizer Unternehmen nicht bei der MWST angemeldet ist, kann die Bezugsteuer nicht als Vorsteuer in Abzug gebracht werden. Das heisst, bereits wenn geistiges Eigentum im Wert von CHF 1 Mio. übertragen wird, resultiert eine Steuerbelastung von ca. CHF 75''000 (CHF 1 Mio. : 108.1% x 8.1%). Eine rechtzeitige MWST-Registrierung ermöglicht den Vorsteuerabzug und kann die entsprechende Steuerbelastung verhindern.

In der Praxis wird im Rahmen von Umstrukturierungen regelmässig geistiges Eigentum im Wert von vielen Millionen auf neu gegründete Gesellschaften übertragen. Da ist es nicht nur ärgerlich, sondern auch teuer, wenn einzig aufgrund einer versäumten MWST-Registrierung, unnötig mehrere Hunderttausend Franken Steuern bezahlt werden müssen.

Interessant sind freiwillige MWST-Registrierungen auch für die Gemeinwesen. Seit das Bundesgericht im November 2022 entschieden hat, dass die Gemeinwesen-interne Finanzierung zu keinen Vorsteuerkürzungen führt, lohnt sich in vielen Fällen die freiwillige MWST-Registrierung von ausgewählten Dienststellen.

Es hat sich gezeigt, dass insbesondere Dienststellen, die Sportanlagen (Schwimmbäder, Stadien, Sporthallen, etc.) oder Kulturliegenschaften (Museen, Bibliotheken, etc.) betreiben, erhebliche Kostensenkungen und Rückforderungen erwirken können.

Als Fazit halten wir fest, dass die (freiwillige) Anmeldung bei der MWST immer im Rahmen von Neugründungen und Umstrukturierungen geprüft werden sollte. Auch die Gemeinwesen sollten ihre MWST-Situation prüfen, erfahrungsgemäss lohnt es sich in den meisten Fällen!

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